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Christopher
Monz (14.08.2003)
Arvidsson sprach in dem knapp einstündigem Interview über
die Unterschiede im deutschen und dänischen Handball, die
Deutschlandtour von Randers, seine Ziele mit Randers,warum
er von der Vereinsführung enttäuscht ist, was er von dem
Vergleich mit Manchester United hält und gibt Antwort auf
die Frage, ob er sich ein Engagement in Deutschland
vorstellen könnte?
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Morton,wie kam es eigentlich zu der Deutschland-Tour von
RandersHK, 6 Spiele in 10 Tagen in einem fremden Land,
eine ungewöhnliche Art sich auf die kommende Saison
vorzubereiten oder?
Morton Arvidsson:
Das hat mehrere Gründe, aber sich in einem fremden Land
auf die neue Saison vorzubereiten ist nicht neu für uns,
letztes Jahr waren wir z.B. in China, im Heimatland unsere
Spielerin Chao und haben uns dort auf die Saison
vorbereitet.Vor 4 Jahren waren wir in Ungarn und
Tschechien. Wir verbinden sehr viel mit einer solchen
Reise, Sightsseeing und Training, dazu wollen wir die
Länder unserer ausländischen Spielerinnen einmal kennen
lernen, und jetzt fahren wir halt ins Land von Christine
Lindemann. Großer Dank geht natürlich an unsere Sponsoren
wie blutimes und Scanpan, ohne die eine solche Tour nie
möglich wäre.
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Warum fiel die Wahl grade auf Deutschland?
Morton Arvidsson:
Ich glaube wir haben hier sehr gute Möglichkeiten uns
vorzubereiten, Deutschland hat mehr gute Teams als noch in
den letzten Jahren, die Liga ist stärker geworden und es
geht aufwärts, dazu hat Tine (Christine Lindemann) eben
die Chance uns einmal ihr Land zu präsentieren. Wenn ich
mich hier in Trier so umschaue, gefällt es mir sehr gut in
Deutschland, die Römer wußten schon warum sie sich hier
niedergelassen haben (lacht). Weiterhin kennen viele
Dänen, auch meine Spielerinnen, Deutschland doch gar
nicht, und wenn, dann nur als Durchgangsland auf dem Weg
nach Italien in den Sommerurlaub.
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Hat so eine Tour durch ein ganzes Land für die
Vorbereitung nicht auch Nachteile?
Morton Arvidsson:
Natürlich. Es ist klar, daß die Trainingsqualität nicht so
hoch ist, wenn wir ständig on tour sind. Wir sitzen viel
im Bus, dazu kommen die hohen Temperaturen zur Zeit in
Deutschland. Das ist schon sehr stressig, aber wir haben
gewußt was auf uns zukommt. Insgesammt ist es eine tolle
Aktion, ich bin mir sicher die Spielerinnen werden sich
lange an diese Tour zurückerinnern.
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Mit welchen Zielen geht Randers in die neue Saison?
Morton Arvidsson:
Man sollte immer erst sehen was möglich ist, dann den
Anspruch stellen. Aber unser Ziel ist ganz klar oben
mitzuspielen, die Chance Meister zu werden ist sicher da.
Zum ersten Mal kann ich sagen, daß wir wirklich eine
realistische Chance auf den Titel haben. Grundsätzlich
gibt es in Dänemark nur vier Teams, die Meister werden
können. Favorit auf dem Papier ist die Übermannschaft aus
Slaegelse, das ist vergleichbar mit der Favoritenrolle von
Leipzig in Deutschland. Aber auch die sind schlagbar.
Hinter Slaegelse sehe ich Viborg, Ikast und uns mit
Chancen.
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Wo siehst Du den Unterschied zwischen dem Deutschen und
dem Dänischen Handball?
Morton Arvidsson:
Ich glaube das Tempo in Dänemark ist sehr hoch. Wir
spielen sehr schnell, sehr variabel, nicht so nach System
wie in Deutschland. Individuell sind wir sehr gut. Durch
das hohe Tempo fallen in unseren Spielen auch immer sehr
viele Tore, das ist auch oft das Problem für
Ausländerinnen, wenn sie neu in die Dänische Liga kommen.
Sie können in ihrer alten Liga noch so stark gewesen sein,
viele brauchen in Dänemark Zeit sich anzupassen und haben
so Probleme sich einzufinden. Grundsätzlich aber ist der
Unterschied zwischen den Ligen in Dänemark und Deutschland
geringer geworden, Deutsche Vereine haben viel gelernt,
bauen z.B.vermehrt junge Spielerinnen ein.
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Informiert sich der Trainer Morton Arvidsson denn auch
über den Deutschen Handball?
Morton Arvidsson:
Aber natürlich, auch in Dänemark gibt's es Internet und
wir kennen www.handball-world.com (lacht). Aber ich lesen
Zeitungen, benutze das Internet, besorge mir Videos von
Deutschen Teams. Ich glaube schon, daß ich ein wenig
Ahnung vom Deutschen Handball habe, aber vielleicht
solltest du mal Deutsche Trainer fragen, wie sie den
Handball in Dänemark beobachten? Ich glaube die Deutschen
schauen nicht so sehr nach Dänemark wie wir nach
Deutschland was den Handball angeht. Das zeigt, daß in
Dänemark schon ein wenig professioneller gearbeitet wird.
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Was ist in Dänemark noch anders?
Morton Arvidsson:
Handball, und grade Frauenhandball hat in Dänemark eine
ganz andere Lobby, bei uns werden 70-80 Spiele der Frauen
im Jahr live im TV übertragen, davon kann man in
Deutschland nur träumen. Das Fernsehen hat in Dänemark ein
großes Mitspracherecht, so gibt es Spiele die erst abends
um 22 Uhr beginnen, weil es das Fernsehen so will.
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Wie hoch ist denn der Etat von Randers?
Morton Arvidsson:
Ja, der ist natürlich auch höher als bei deutschen Teams,
so 1,3 Millionen Euro haben wir. Dazu ist auch das
drumherum, das Umfeld um die Teams viel professioneller.
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Kannst Du ein Beispiel geben?
Morton Arvidsson:
Unsere weiteste Auswärtsfahrt mit dem Bus sind 2 1/2
Stunden nach Kopenhagen.Für uns eine lange Strecke. So
reisen wir vor solchen Spielen meistens einen Tag vorher
an und haben ein Hotel. Auch wenn wir ein Heimspiel spät
abends haben, treffen wir uns vorher im Hotel, das ist in
Dänemark nun mal so.
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Im nächsten Jahr wird Morten Arvidsson nicht mehr Randers
trainieren, Dein Abgang verlief nicht ohne Schlagzeilen.
Die Clubführung präsentierte ohne dein Wissen Kerstin
Grini als neue Trainerin. Jemand ohne Trainerausbildung
übernimmt den Posten eines Trainers mit der besten
Ausbildung, wie stehst Du dazu?
Morton Arvidsson:
Ja, das ist sehr enttäuschend abgelaufen für mich. Randers
ist die beste Mannschaft die ich je trainiert habe, ich
bin stolz mit diesen Spielerinnen arbeiten zu dürfen.
Randers ist ein wenig wie mein Kind, ich habe es wachsen
sehen, habe es von unten nach oben gebracht, auch ein
wenig das Umfeld aufgebaut.
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Gehst Du deshalb im Zorn, wie hat man Deinen Abgang
begründet?
Morton Arvidsson:
Das weiß ich nicht. Ich bin enttäuscht, ich dachte ich
habe mich auch entwickelt, gemeinsam mit der Mannschaft.
Aber im Zorn? Nein, natürlich nicht. Ich fand es gut, daß
man mir vor der Saison gesagt hat, daß es meine letzte
sein wird. Es waren sechs tolle und lehrreiche Jahre in
Randers, jetzt geht eben etwas neues los. Ich hatte eine
schöne Zeit in Randers, habe aus unbekannten Spielerinnen
bekannte gemacht.
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Hast Du Pläne/Angebote für die Zukunft?
Morton Arvidsson:
Angebote habe ich keine, in Skandinavien sind die Teams
eigentlich alle gut mit ihren Trainern besetzt. Ich weiß
noch nicht was ich mache, aber ich muß nicht Trainer um
jeden Preis sein. Wenn ich ein Team übernehme, dann muß
vieles stimmen. Auch im Umfeld muß ich sehen, daß eine
langfristige Entwicklung möglich ist. Ich bin ja auch noch
Trainer der dänischen B-Nationalmannschaft der Frauen,
habe also immer noch was zu tun.
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Könntest Du Dir vorstellen in Deutschland zu arbeiten?
Morton Arvidsson:
Grundsätzlich ja, Deutschland und die Entwicklung im
deutschen Frauenhandball sind sehr interessant. Die Liga
ist stärker geworden, es gibt viele gute Teams, warum
sollte ich ein Engagement ausschließen?
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Wie würdest Du Dich selbst als Trainer einschätzen, auf
was legst Du Wert?
Morton Arvidsson:
Ich bin ein Trainer bei dem die Mannschaft über alles
geht. Alle Superstars müssen im Team funktionieren, sonst
erreichst du nichts.Ich lege viel wert drauf, daß sich
auch Weltklasse Spielerinnen wie Chao oder Tine Lindemann
anpassen, das tun sie übrigens und deshalb sind wir so ein
klasse Team. Die Spielerinnen wissen was ich von ihnen
will. Ich lasse natürlich den Spielerinnen auch ihre
Freiheiten, das ist klar, aber wenn es drauf ankommt muß
klar sein wer der Chef ist, und das bin ich. Als Trainer
zeige ich Emotionen, bin mit Engagement dabei. Die
Spielerinnen liefern auf dem Feld ja auch ein wenig meiner
Arbeit ab. Da muß ich doch mit Herz dabei sein. Ich lebe
bei jedem Spiel mit.
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Höhepunkt der Tour ist das Turnier in Leipzig, wie siehst
Du Eure Chancen?
Morton Arvidsson:
Wir wollen gewinnen, wir wollen immer gewinnen, jedes
Spiel.Dazu muß natürlich einiges passen. Wir waren z.B. zu
Gast beim Benefizspiel für Sandra zwischen Trier-Dortmund,
Trier hat nach meinem Geschmack zu viel Show gemacht. Da
hatte ich nicht das Gefühl, daß sie unbedingt gewinnen
wollen.Ich kann das verstehen, daß man in so einem Spiel
den Zuschauern etwas bieten will, aber ich versuche beides
zu kombinieren: Den Drang nach dem Sieg und die Show für
die Zuschauer. Das Turnier in Leipzig ist ein echter
Höhepunkt, wir spielen gegen absolute Topteams. Deshalb
war es für mich auch so wichtig nach Deutschland zu
kommen, unsere Spiele in Trier und Oldenburg, das sind
Handballstädte in Deutschland, genau wie Leipzig. Für
Leipzig nehmen wir uns vor aus einer guten Verteidigung
einen schnellen Handball zu spielen, der den Zuschauern
gefällt und dazu erfolgreich ist. Dazu spielen wir fair,
darauf lege ich als Trainer viel wert.
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Kannst Du schon ein Zwischenfazit Eurer Tour ziehen?
Morton Arvidsson:
Ja, es ist schon toll. Ich glaube wir haben Tine Lindemann
viel zu verdanken, sie öffnet Türen für uns in
Deutschland. Wir werden mit Begeisterung angenommen, als
wir in Oberthal waren, hatten wir in jedem Training
Zuschauer, Kinder kommen und wollen Autogramme, alle
hatten irgendwie Anteil daran, dass Randers in der Stadt
war. Das war eine tolle Erfahrung. So war es für uns auch
eine Selbstverständlichkeit eine Trainingseinheit
gemeinsam mit der weiblichen Jugend von Oberthal zu
absolvieren. Ich denke das war auch für die jungen
deutschen Spielerinnen ein Erlebnis, wenn dir plötzlich
die Welthandballerin in der Abwehr gegenüber steht. Ich
habe gehört man hat uns als Manchester United des
Frauenhandballs bezeichnet, das ist ein riesen Kompliment
für uns und besonders für mich als Trainer.
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Morton, vielen Dank für das Interview.
Quelle:
www.handball-world.com
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