"Geht net - gibt's net",
steht auf den blauen T-Shirts, die die zahllosen Helfer
der DJK Oberthal tragen. Das Motto des Abends. Der Star
des Abends wird im Rollstuhl in die Theleyer Sporthalle
gefahren - unter dem tosenden Applaus der 600 Zuschauer.
Konzentriert wirkt Sandra Gebel, sie nimmt direkt hinter
den Spielerbänken Platz. Vor einem halben Jahr hätte
niemand für möglich gehalten, dass das Handball-Talent
eine solche Situation nochmals erleben würde.
Schlaganfall, dem Tod von der Schippe gesprungen, Koma,
nun Reha am Bodensee.
Vor dem Anpfiff der Partie zwischen den Trierer
"Miezen" und Europapokal-Sieger Borussia Dortmund der
bewegendste Moment. Sandras Mutter Susanne verliest einen
Brief ihrer Tochter. Der Dank an alle, die geholfen haben,
"Ich freue mich, euch alle zu sehen." Erst Totenstille,
dann lautstarker Jubel. "Mein großes Ziel ist es, noch
einmal Handball zu spielen. Ich weiß aber nicht, ob ich es
nochmal schaffe."
Alle Augen auf Sandra. Zwar ist ihre linke Körperhälfte
noch gelähmt, ihr Wille ist aber noch nicht erlahmt.
Deshalb war es für sie ganz wichtig, sich allen zu zeigen.
"Seht her, ich bin bald wieder auf den Beinen", will sie
signalisieren. Nur ein paar Meter weiter auf der Tribüne
sitzt der personifizierte Wille, das Unmögliche zu
schaffen: Die saarländische Handball-Legende Joachim
Deckarm, der nach mehreren Jahren im Koma wieder ins Leben
zurück gefunden hat.
Als Sandras Brief verlesen wird, halten auch die
Dortmunder und Trierer Spielerinnen inne. Welche Gedanken
ihnen durch den Kopf gehen, kann man an ihren Gesichtern
ablesen. Nach der Partie, die Dortmund 28:23 (am Ende
etwas zu hoch) gewann, posieren alle Handballerinnen mit
Sandra zum Gruppenfoto. "Ich hoffe, dass sich die
Spielerinnen einmal Gedanken gemacht haben, über welche
unwichtigen Dinge sie sich manchmal aufregen. Wenn man
Sandra sieht, wird einem klar, dass morgen alles vorbei
sein kann", sagt der sichtlich bewegte "Miezen"-Trainer
Dago Leukefeld.
Der Erlös, der komplett an Sandras Familie geht, wird
noch aufgestockt durch 2500 Euro vom örtlichen Rotary-Club
und von Klaus Steinbach, Präsident des Nationalen
Olympischen Komitees, der 1000 Euro von der Deutschen
Olympischen Gesellschaft überreicht.
Für eine Spielerin war es eine ganz besondere Partie:
Rachel Finkler. Die 18-Jährige, die aus Marpingen stammt
und in Trier für die Regionalliga-Mannschaft auflaufen
wird, die komplette Vorbereitung aber bei "MJC I"
absolviert, war Weggefährtin von Sandra Gebel, spielte mit
ihr in der Saarland-Auswahl. Nach dem Abpfiff läuft sie zu
Sandra, eine lang anhaltende Umarmung folgt.
Was das Spiel betrifft, stand bei allen Akteurinnen der
Spaß im Vordergrund. Dortmund wirkte konzentrierter, die
"Miezen" - vor allem Maren Baumbach und Silke Meier -
versuchten, den Fans einige Zauberstücke zu bieten. Dass
Trier am Ende verlor, war dem Trainer egal: "Der soziale
Aspekt ist viel wichtiger. Was das Sportliche betrifft,
haben wir uns weiter entwickelt, Sveta Mozgowaia feierte
ihr Comeback und Neuzugang Tatjana Nykytenko wächst immer
beser in die Mannschaft." Aber das war nebensächlich. Viel
wichtiger war der Spaß, der Sandra bereitet wurde. Bis
heute bleibt sie bei ihrer Familie - mit vielen bewegenden
Erfahrungen wird sie dann ihren Kampf in der Reha
fortsetzen.
Quelle:
Trierischer Volksfreund